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Sprengtechnik 24

Der Rhöner 2.0

Beitrag: Blog2 Post
AutorenbildJoachim Milde

Wenn nichts mehr geht

Aktualisiert: 25. Sept. 2022

Sechs Wochen nach meiner SEC (Zytoreduktive Chirurgie) mit anschließender HIPAC ging's im Juni 2017 zur Reha ins Ahrtal nach Bad Neuenahr-Ahrweiler. Jener Stadt, die 2021 dem Klimakrebs zum Opfer gefallen ist. Auch dieser Ort braucht eine HIPAC und Menschen, die wissen was sie tun.

Klinik Niederrhein Erkrankungen des Stoffwechsels der Verdauungsorgane und Tumorerkrankungen

Hochstraße 13-19 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler



Ich hatte abgenommen. Einst 86 Kilo schwer, wog ich zwei Monate nach der OP 20 Kilo weniger. Der Kerl im Spiegel war nicht mehr ich. Hohle Wangen, tiefe Augenhöhlen, mit Haut bespannte Knochen lieferten ein düsteres Bild meiner Zukunft. Das Schlimmste waren die allgegenwärtigen Schmerzen und die Übelkeit, die jeden Keim von Lebensfreude im Ansatz erstickten. Ein bloßer Gedanke an Essen löste Brechreiz aus.

Alle redeten von hochkalorischer Astronautennahrung. Mir hob sich die Schädeldecke beim bloßen Gedanken an das Zeug. Ein Schluck davon und ich war klatschnass, das Herz begann zu rasen, im Kopf drehte sich ein Kettenkarusell mit überhöhter Geschwindigkeit.

Jo Milde wurde zum Essen in die Beobachtungsecke der Reha Klinik gesetzt. Ein Viertel von der Hälfte es Brötchens und ich war knallsatt. Banane ging so, Kuchen gar nicht und Milchprodukte landeten wenige Minuten später in der Toilettenschüssel.

Nach einer Woche schlenderte eine über die Maßen attraktive junge Ärztin am Tisch vorbei und zeigte mit ihrem Finger direkt auf mich. "Mit Ihnen geht es den Bach hinunter", dreht sich um und ging weiter.

Was bitte sollte das?

Wahrscheinlich hatte sie recht. Sie hatte einen Treffer gelandet, einen Hieb mit dem Holzhammer.

Ich suchte sie auf, gemeinsam denken wir den Ausweg.

Schon am nächsten Tag bekam ich Suppe, weil ich Suppe so gern mag. Das Zeug war nicht zum (fr)essen.

Es ging weiter bergab. Nach der zweiten Woche unmündiger Begutachtung schlug sie mir künstliche Ernährung vor. Jeden Abend einen Beutel. Alles durch die Venen, alles besser als nichts.

In der dritten Woche besuchten mich meine Kinder und luden Papa zum Essen ins Hilton ein. Alles klar, ich stürme das Buffet. Und doch war es nicht vergebens. Es gab geräucherten Lachs und leckeren Kaffee. Ich aß und vertrug. Am nächsten Tag suchte ich den attraktiven Fingerzeig auf und meldete mich vom Essen ab. Sie protestierte, drohte und beschwor mich nicht aufzugeben.

Im Hilton handelte ich den Frühstückspreis runter. Fortan ging es bergauf. Morgens Lachs, mittags Suppe, abends eine Kleinigkeit in einem der vielen Restaurants der Stadt und nachts den Beutel an der Vene.

Nach Woche 4 zeigte die Waage einen klaren Aufwärtstrend.


Erkenntnis: Hilf dir selbst und lass dir helfen. Das Leben macht dir immer ein Angebot.


Der Rest ist schnell erzählt. Weitere 5 Wochen später, im August 2017 kaufte ich mir ein eBike, ein Cube mit CX Mittelmotor und 75Nm Drehmoment, einen stabilen Gepäckträger und wasserdichte Seitentaschen. Ich setzte mich drauf und radelte den Rhein hinab nach Rotterdam, entlang der Küste nach Bremen und von da zurück ins Leben. Im Oktober war ich, wenn auch wacklig, auf den Sprengfeldern im Westen des Bundesrepublik zurück.



Im Sommer 2018 heiratete ich meine Anja. Professor Zieren ist der festen Überzeugung, dass sie das Beste ist, was mir passieren konnte.








250 Ansichten1 Kommentar

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1件のコメント


Frederik A.
9月28日

Hallo Joachim, danke fürs Teilen deiner Geschichte. Ich bin bewegt und finde mich wieder, da ich den gleichen Eingriff vor zwei Wochen bei Prof. Zieren hatte und ich jetzt am Anfang des Wiederaufbauens stehe. Du spendest mir Hoffnung, danke :-)

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